Meerwasser in die Wüste pumpen mit Solarenergie in Jordanien
Ein ehrgeiziges Projekt möchte mit Meerwasser und Solarenergie Ackerbau in der Wüste betreiben. Aber ist das technisch überhaupt machbar?
Eisbergsalat, Calla-Lilien, Gerberas und Drachenfrucht sind nur einige der Bewohner, die im Treibhaus mitten in der Wüste wachsen und gedeihen. Dieses ungewöhnliche Projekt läuft gerade in der Wüste Jordaniens, nur wenige Kilometer von der Grenze zu Israel entfernt und 15 Kilometer landeinwärts vom Roten Meer. Sicherlich in diese Wüste einer der überraschendsten Orte, an dem man einen Bauernhof mit Treibhaus erwarten würde. Dieser Beitrag zeigt, dass es trotzdem Sinn macht.
Nahrungsmittelproduktion ausweiten zugunsten der Menschheit
Das Treibhausprojekt in der Wüste hat einen ernsten Hintergrund. Bis zum Jahr 2050 muss sich die Nahrungsmittelproduktion verdoppeln, wenn sie mit dem erwarteten Bevölkerungswachstum mithalten will. Das wird nicht einfach, denn die Herausforderung liegt in den Grenzen, die der Planet selbst setzt. Schließlich ist nur eine begrenzte Anzahl an bebaubarem Land vorhanden und ein beträchtlicher Teil davon verschlechtert sich qualitativ.
Neben der Nahrungsknappheit warten weitere globale Herausforderungen auf den Menschen, allen voran der Klimawandel. In vielen Ländern wird bereits heute das Wasser knapp, darunter auch Jordanien. Die Nahrungsmittelproduktion verbraucht aktuell etwa 70% des weltweit genutzten Süßwassers und emittiert dabei 25% der Treibhausgase. Wenn lediglich der Umfang der Nahrungsmittelproduktion ausgeweitet wird ist mit stärkeren Emissionen und noch höherem Wasserverbrauch zu rechnen. Hier muss umgedacht werden, denn die alten Produktionsmethoden werden dafür nicht geeignet sein. Klimawandel ist auch in diesem Zusammenhang kein isoliertes Problem, sondern eng mit der Bereitstellung von Wasser und Nahrung verbunden. Beide Faktoren müssen gemeinsam betrachtet werden, damit eine Lösung entsteht, die zukunftsfähig sein wird.
Jordanien – das zweittrockenste Land der Erde
Jordanien ist dasjenige Land, das weltweit am zweitwenigsten Wasser besitzt. Pro Person stehen lediglich nur 150 Kubikmeter Wasser pro Jahr zur Verfügung, während in den USA pro Person mehr als 9000 Kubikmeter Wasser verfügbar sind. Der Ackerbau verbraucht die Hälfte des Wasservorrats von Jordanien. Sonne dagegen ist eine Ressource, an der es in Jordanien nicht mangelt. Mit 330 Sonnentagen pro Jahr und einer Leistung von 5 bis 7kW pro Quadratmeter ist Jordanien für Solarenergie prädestiniert. In der Sparte der erneuerbaren Energien gilt Jordanien als einer der weltweit aussichtsreichsten Märkte. Außerdem verfügt Jordanien über Meerwasser, wenn auch nur um 26 Kilometer Küstenlinie zum Roten Meer.
Ackerbau in der Wüste mit Solarenergie und Meerwasser
Diese beiden in Jordanien im Überfluss vorhandenen Ressourcen reichen aus, um genügend Süßwasser zur Ackerbewässerung zu erzeugen. Die Entsalzung funktioniert über Solarenergie, das entsalzte Wasser hilft dabei, die Feldfrüchte wachsen zu lassen. Die Gewächse helfen durch das Durchwurzeln des Bodens, Kohlenstoff aus der Luft wieder in den Boden zu integrieren. Hier werden also gleich drei entscheidende Herausforderungen mit einem Verfahren bearbeitet. Neben der nachhaltigen Ressourcennutzung bringt das Projekt einen weiteren Vorteil: Sobald das Verfahren etabliert und kommerzialisiert ist könnte es Jordanien ein weiteres wertvolles Exportgut bescheren. Denn aktuell importiert Jordanien mit 98% fast seine komplette Nahrung.
Praxistest läuft bereits
Die Kommerzialisierung ist zwar aktuell noch in der Ferne, aber bereits seit einem Jahr läuft das Projekt in einem Treibhaus auf dem Areal von vier Fußballfeldern. Bewährt sich dieses Pilotprojekt wird die Fläche weiter ausgedehnt werden, bis im Jahr 2020 10 Hektar erreicht sein werden. Einige Schwierigkeiten haben sich im Betrieb aber schon ergeben: Gerade junge Pflanzen werden durch die große Hitze in der Nähe der Treibhauswände beeinträchtigt und sterben ab. Auch die große Hitze ist ein Problem. Aktuell kann das Kühlsystem das Treibhaus um bis zu 15°C abkühlen. In einer Region, in der Sommertage bis zu 45°C heiß werden können hilft dies den Pflanzen ungemein.
Verdunstungskälte ohne Emissionen
Die Kühlung arbeitet über das physikalische Prinzip der Verdunstungskälte. Hier wird eine Wand mit einem Textilgewebe bedeckt, das mit Wasser vollgesogen wird. Der in dieser Region übliche Wind führt zum Verdunsten und erzeugt die angenehme Kühle. Hierzu kann auch Meerwasser verwendet werden, wobei das enthaltene Wasser dann zurückbleibt. Zwar können auch solarbetriebene Ventilatoren eingesetzt werden, meist ist aber bereits der Verdunstungsraum effektiv genug. Auch wenn viele der im Rahmen dieses Projekts eingesetzten Verfahren bereits bekannt und erprobt sind, ist es die Kombination dieser Techniken, die so innovativ ist.
Hitze bei Tag – Kälte in der Nacht
Die Temperaturunterschiede in der jordanischen Wüste sind extrem: Wo tagsüber Hitze vorherrscht kühlt es nachts auf bis zu 7°C ab. Um die Pflanzen warmzuhalten erhalten diese nachts ein Bad mit warmem, von der Sonne tagsüber erwärmtem Wasser.
Mit dem überschüssigen Wasser werden weitere Pflanzen außerhalb des Treibhauses bewässert. Hier erfolgen auch Experimente zur Bodenverbesserung mit Leguminosen.
Herausforderungen bis zur kommerziellen Reife
Zwischen dem Projekttreibhaus und der Küste liegen 15 Kilometer Wüstenlandschaft. Aktuell wird das Meerwasser jeden zweiten Tag mit Lastwagen herantransportiert, was nicht gerade klimaneutral ist. Eine Pipeline, die das Meerwasser zum Treibhaus pumpt wäre ideal. Mit einer weitere Unterstützerschaft und dem Fürsprechen der jordanischen Königsfamilie könnten die Arbeiten für eine Pipeline aber noch im Jahr 2018 beginnen.
Quellen: bbc.com
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